Ein Unternehmen vermittelte online personalisierte Zweitmarkt-Tickets und wollte das gesetzliche Widerrufsrecht ausschließen. Das KG Berlin jedoch untersagte dies jetzt. Das KG betonte, dass Vermittler sich nicht auf Ausnahmen für Veranstalter berufen könnten.
Ein Unternehmen, das online personalisierte Eintrittskarten für Veranstaltungen aus dem Zweitmarkt vermittelt, darf das gesetzliche Widerrufsrecht für Verbraucher nicht ausschließen. Das Kammergericht (KG) Berlin hat entschieden, dass ein solcher Ausschluss nur dann zulässig ist, wenn der Unternehmer selbst die Veranstaltung durchführt oder eigene Kapazitäten bereitstellt. Bei reiner Vermittlung von Tickets Dritter besteht das Widerrufsrecht fort (KG Berlin, Urteil vom 6. März 2025, Az. 23 UKI 5/24).
Ein Schweizer Unternehmen bot auf seiner Internetplattform die Vermittlung personalisierter Tickets für verschiedene Freizeitveranstaltungen an. Dabei handelte es sich um Eintrittskarten aus dem sogenannten Zweitmarkt, also um bereits zuvor erworbene Tickets, die nun weiterverkauft oder weitergegeben wurden. Die Kunden konnten sich wünschen, für welche Veranstaltung sie ein Ticket erwerben wollten. Das Unternehmen beschaffte dann ein passendes Ticket über Drittanbieter und übermittelte dieses an die Kunden. Es trat also nicht als Veranstalter auf, sondern als Vermittler zwischen Erstkäufern und Endkunden.
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) war geregelt, dass für diese Dienstleistung kein Widerrufsrecht bestehe. Begründet wurde dies mit einem Verweis auf eine Ausnahmevorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Demnach entfalle das Widerrufsrecht bei Verträgen über Dienstleistungen im Bereich der Freizeitgestaltung, wenn ein fester Termin vereinbart sei. Diese Regelung gelte beispielsweise für Theaterkarten oder Konzerttickets. Das Unternehmen meinte, dies müsse auch für seine Vermittlungsleistung gelten. Denn es erbringe eine Dienstleistung im Zusammenhang mit einem festen Veranstaltungstermin.
Soforthilfe vom Anwalt
Sie brauchen rechtliche Beratung? Rufen Sie uns an für eine kostenlose Ersteinschätzung oder nutzen Sie unser Kontaktformular.
Die Verbraucherzentrale hielt dies für unzulässig. Sie sah darin einen klaren Verstoß gegen verbraucherschutzrechtliche Vorschriften und klagte auf Unterlassung. Das Landgericht (LG) Berlin gab der Klage statt und verbot die entsprechende Klausel in den AGB (LG Berlin, Urteil vom 8. Januar 2024, Az. 102 O 23/23).
Gegen diese Entscheidung legte das Schweizer Unternehmen Berufung ein. Doch auch vor dem KG Berlin hatte es nun keinen Erfolg. Das Gericht bestätigte die Auffassung der Vorinstanz und erklärte den Ausschluss des Widerrufsrechts für unzulässig.
Wann das Widerrufsrecht wirklich entfällt
Die KG-Richter stellten klar, dass der gesetzliche Ausschluss des Widerrufsrechts gemäß § 312g Absatz 2 Nummer 9 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur dann greife, wenn der Unternehmer selbst die Freizeitveranstaltung durchführe oder zumindest eigene Kapazitäten dafür bereitstelle. Ziel dieser Ausnahme sei es, den Veranstalter vor wirtschaftlichen Nachteilen zu schützen, wenn kurzfristig stornierte Plätze nicht mehr anderweitig vergeben werden könnten. Diese Argumentation greife jedoch nicht bei einem Vermittler, der lediglich bereits vorhandene Tickets Dritter weiterverkaufe.
Im aktuellen Fall treffe das wirtschaftliche Risiko eines Widerrufs nicht den Veranstalter selbst, sondern entweder den Erstkäufer des Tickets oder die Vermittlerin. Es gebe keinerlei vertragliche Beziehungen zwischen dem Unternehmen und dem Veranstalter. Dem Unternehmen stehe es frei, sich gegen ein etwaiges Verlustrisiko durch Rückabwicklung mit dem Erstverkäufer abzusichern. Der Verbraucherschutz dürfe durch solche vertraglichen Konstruktionen nicht ausgehebelt werden. Der Gesetzgeber habe bewusst nur dem Veranstalter den Ausschluss des Widerrufsrechts ermöglicht, nicht aber Vermittlern oder Wiederverkäufern.
Darüber hinaus betonte das KG, dass das beklagte Unternehmen auch keine Dienstleistung mit festen Veranstaltungsterminen im eigenen Namen erbringe. Vielmehr beschaffe es auf Wunsch der Kunden bestimmte Tickets von Dritten. Damit liege ein Dienstvertrag mit einem Erfolgselement vor, für den das Widerrufsrecht grundsätzlich gelte.
WBS.LEGAL – Ihr Partner im Wettbewerbsrecht
Wer personalisierte Tickets aus dem Zweitmarkt vermittelt, kann sich nicht auf den gesetzlichen Ausschluss des Widerrufsrechts für Freizeitveranstaltungen berufen. Die entsprechende Ausnahmevorschrift im BGB ist eng auszulegen. Nur wer selbst veranstaltet oder eigene Kapazitäten bereitstellt, kann auf das Widerrufsrecht verzichten. Wer lediglich vermittelt, muss seinen Kunden die Rückgabemöglichkeit einräumen.
Für Unternehmen im Ticketvertrieb bedeutet das: Sie müssen ihre AGB und Widerrufsbelehrungen prüfen und anpassen. Verstöße gegen verbraucherschutzrechtliche Vorschriften können schnell abgemahnt werden.
Wir von WBS.LEGAL vertreten Mandanten bundesweit in allen Fragen des Wettbewerbsrechts. Wenn Sie als Anbieter von Online-Dienstleistungen, Veranstaltungsformaten oder digitalen Produkten rechtlich auf der sicheren Seite sein wollen, stehen wir Ihnen gerne zur Seite. Unsere erfahrenen Anwälte prüfen Ihre AGB, beraten Sie bei der rechtssicheren Gestaltung Ihrer Angebote und verteidigen Sie im Falle einer Abmahnung oder Klage. Melden Sie sich jederzeit für ein unverbindliches Erstgespräch bei uns unter 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit). Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.