Smartphone gezückt, einen besonderen Moment festgehalten – und plötzlich wird das Video kommerziell genutzt. Das LG Frankfurt hat nun einen Fall entschieden und klargestellt, dass auch einfache Handyaufnahmen urheberrechtlich geschützt sein können. Selbst wenn sie auf Social Media geteilt wurden, dürfen exklusive Rechte vergeben werden.
Ein Medienunternehmen hatte Standbilder eines privaten Handyvideos über ein Hochwasserereignis kommerziell genutzt. Die ausschließlichen Rechte an dem Video hatte jedoch bereits eine Nachrichtenagentur erhalten. Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main entschied nun, dass auch unbearbeitete Smartphone-Aufnahmen urheberrechtlich geschützt sein können und eine exklusive Rechteübertragung zulässig ist (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 16. Mai 2025, Az. 2-06 O 299/24).
Handyvideo löst Streit zwischen Medienhäusern aus
Hintergrund des Verfahrens ist ein Fall aus Juni 2024. Damals kam es in einer Gemeinde in Baden-Württemberg zu einem schweren Hochwasser. Die Wassermassen richteten große Schäden an und überfluteten Teile der Infrastruktur. Eine Lärmschutzwand brach unter dem Druck zusammen. Eine Privatperson filmte genau diesen dramatischen Moment mit ihrem Smartphone. Das Video zeigte in Echtzeit, wie sich die Naturgewalt entfaltete.
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Am nächsten Morgen tauchten Standbilder aus exakt diesem Video auf der Webseite eines Medienunternehmens auf. Auch in einem Newsletter des Unternehmens wurden die Bilder verbreitet. Die Aufnahmen wurden dort gegen Entgelt angeboten. Dieses Vorgehen blieb nicht ohne Folgen. Denn ein anderes Medienunternehmen, konkret eine Nachrichtenagentur, machte wenig später vor Gericht geltend, dass ihr die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Video bereits am Tag der Aufnahme übertragen worden seien. Die filmende Person habe ihr das Video exklusiv zur Verwertung überlassen. Die unerlaubte Nutzung durch das andere Unternehmen verletze daher ihre Rechte.
Zwischen den beiden Parteien entwickelte sich ein juristischer Streit über die Frage, ob eine Smartphoneaufnahme ohne besondere Bearbeitung überhaupt geschützt ist und ob trotz einer eventuellen Verbreitung auf Social Media noch exklusive Nutzungsrechte vergeben werden können. Die Nachrichtenagentur zog vor das LG Frankfurt und verlangte Unterlassung und Schadensersatz.
Schutz für Laufbilder auch ohne kreative Leistung
Das LG Frankfurt gab der klagenden Agentur nun Recht. Bei dem Video handele es zwar nicht um ein klassisches Filmwerk. Ein Filmwerk im urheberrechtlichen Sinn sei durch eine schöpferische Leistung geprägt. Dazu gehöre etwa der Einsatz von Regie, Kameraführung oder bewusster Gestaltung. All das sei bei der Aufnahme des Hochwasserereignisses nicht gegeben gewesen. Das Video sei unbearbeitet gewesen und habe lediglich ein Naturereignis in Echtzeit dokumentiert. Es fehle damit an der erforderlichen Schöpfungshöhe, um von einem Filmwerk sprechen zu können.
Dennoch stellte das LG klar, dass das Video rechtlich geschützt sei. Es handele sich dabei um ein sogenanntes Laufbild. Darunter versteht das Gesetz eine Bild- oder Bild-Ton-Folge, die keine kreative Leistung im engeren Sinne aufweist, aber dennoch urheberrechtlichen Schutz genießt. Rechtsgrundlage dafür ist § 95 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG). Die Norm sichert auch einfachen Aufnahmen ohne künstlerische Gestaltung einen Leistungsschutz zu.
Das LG vernahm im Rahmen des Prozesses u.a. eine Zeugin, die bestätigte, dass der Ersteller des Videos die ausschließlichen Nutzungsrechte am selben Tag der Aufnahme an die klagende Agentur übertragen habe. Nach Überzeugung des LGs habe das beklagte Medienunternehmen daher die exklusiven Rechte der Agentur verletzt. Die Verbreitung der Standbildaufnahmen sei rechtswidrig erfolgt. Das Unternehmen müsse die weitere Verwertung unterlassen und Schadensersatz leisten.
Ein Argument der Beklagten war, das Video sei ohnehin bereits über Social Media geteilt worden. Deshalb könne es keine exklusiven Rechte mehr geben. Doch auch diesen Einwand ließ das Gericht nicht gelten. Es führte aus, dass eine Veröffentlichung auf einer Social-Media-Plattform nicht automatisch den Verlust der exklusiven Rechte bedeute. Der Urheber könne trotz einer solchen Veröffentlichung weiterhin einer anderen Person ein ausschließliches Nutzungsrecht einräumen. Entscheidend sei, dass die Rechteübertragung wirksam und klar vereinbart worden sei. Dies sei hier der Fall gewesen.
Das Urteil zeigt deutlich, dass auch spontane Handyaufnahmen vom Tagesgeschehen juristisch relevant sein können. Wer solche Aufnahmen erstellt, hat Rechte daran – selbst wenn es sich um einfache Videos ohne Bearbeitung handelt. Und wer solche Inhalte nutzen will, muss sich rechtzeitig um die Klärung der Rechte bemühen. Eine Nutzung ohne Lizenz kann ansonsten entsprechend rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
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Das Urteil des LG Frankfurt verdeutlicht, wie wichtig es ist, die eigenen Rechte an digitalen Inhalten zu kennen und zu schützen. Viele Menschen filmen spontane Ereignisse mit dem Smartphone, dies oft ohne zu wissen, dass sie damit geschützte Inhalte schaffen. Umso wichtiger ist es, sich bei der Vermarktung oder im Fall einer unerlaubten Nutzung rechtlich beraten zu lassen.
Unsere Kanzlei WBS.LEGAL ist auf das Urheberrecht spezialisiert. Wir vertreten sowohl Ersteller von Inhalten als auch Medienunternehmen. Wenn Ihre Videoaufnahmen ohne Ihre Zustimmung verwendet wurden oder Sie sich fragen, wie Sie Ihre Rechte schützen oder übertragen können, stehen wir Ihnen mit unserer umfassenden Expertise zur Seite. Zögern Sie nicht, uns unter 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit) zu kontaktieren. Wir beraten Sie bundesweit, kompetent und persönlich.