Das VG München hat entschieden, dass der Zugang zu den Porno-Webseiten Pornhub und YouPorn in Deutschland vorerst gesperrt bleibt. Die Richter wiesen die Eilanträge der Betreiberfirma aus Zypern zurück. Sie warfen dem Unternehmen vor, das Rechtssystem zu umgehen.
Das Verwaltungsgericht München (VG) hat in zwei gleichlautenden Beschlüssen die Eilanträge der zypriotischen Betreibergesellschaft der bekannten Erotik-Portale Pornhub und YouPorn abgelehnt. Die Firma wollte damit die Aufhebung von Netzsperren erreichen, welche die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) gegenüber dem Internetprovider Telefónica Germany angeordnet hatte. Nach Auffassung des VGs sind jedoch die Anträge bereits unzulässig. Der Betreiberin fehle ein rechtlich schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung der Sperren. Dies liege daran, dass sie selbst eine vollziehbare Anordnung zum Jugendschutz aus dem Jahr 2020 missachte. Ihr Versuch, die daraus resultierende Sperrung gerichtlich zu kippen, sei daher ein Missbrauch prozessualer Rechte. Die Sperrung der Angebote bleibt damit vorerst bestehen (VG München, Beschlüsse v. 5. Juni 2025, Az. M 17 S 25.478 und Az. M 17 S 25.2135).
Ignorierte Auflagen führen zu Netzsperren
Der aktuellen Auseinandersetzung geht eine lange Vorgeschichte voraus. Bereits am 16. Juni 2020 hatte die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM NRW) eine grundlegende Verfügung gegen die Betreibergesellschaft der Plattformen Pornhub und YouPorn erlassen. Die Behörde stellte fest, dass die frei zugänglichen pornografischen Inhalte gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) verstoßen.
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Sie untersagte dem Unternehmen deshalb die weitere Verbreitung der Angebote in ihrer jetzigen Form. Als Alternative gab die LfM NRW der Betreiberin auf, eine geschlossene Benutzergruppe einzurichten. Durch eine solche technische Maßnahme sollte sichergestellt werden, dass nur Erwachsene auf die Inhalte zugreifen können. Die Betreiberin wehrte sich juristisch gegen diese Anordnung. Sie stellte einen Eilantrag beim VG Düsseldorf, der jedoch abgelehnt wurde (VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 30.11.2021, Az. 27 L 1414/20 und Az. 27 L 1415/20). Auch ihre Beschwerden gegen diese Entscheidungen wies das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen zurück (OVG NRW, Beschlüsse vom 7.9.2022, Az. 13 B 1911/21 und Az.13 B 1912/21).
Damit war die ursprüngliche Verfügung der LfM NRW sofort vollziehbar. Trotzdem kam das Unternehmen den Auflagen nicht nach. Daraufhin versuchte die Behörde in Nordrhein-Westfalen, die Anordnung mit Zwangsgeldern durchzusetzen, was jedoch ebenfalls erfolglos blieb.
Da eine direkte Vollstreckung gegen das Unternehmen mit Sitz auf Zypern nicht möglich war, griffen die deutschen Medienanstalten zu einer anderen Maßnahme. In einem koordinierten Vorgehen ordnete die zuständige BLM am 2. April 2024 die Sperrung der Webseiten direkt gegenüber dem in Deutschland ansässigen Access-Provider Telefónica an. Der Provider wurde verpflichtet, den Zugriff auf die Angebote mittels einer sogenannten DNS-Sperre zu unterbinden.
Gegen diese Sperranordnung klagt nun die Betreiberin der Webseiten selbst.
Rechtsmissbrauch statt Rechtsschutz
Das VG München wies die Eilanträge jedoch ab. Die Richter stellten klar, dass die Anträge schon an einer grundlegenden prozessualen Hürde scheitern würden. Es fehle der Pornoseitenbetreiberin am notwendigen Rechtsschutzbedürfnis.
Dieses Bedürfnis ist eine allgemeine Voraussetzung für jedes Gerichtsverfahren. Es stellt sicher, dass die Gerichte nicht für nutzlose oder missbräuchliche Anliegen in Anspruch genommen werden.
Genau einen solchen Fall sah das VGt hier. Es argumentierte, dass sich die rechtliche Situation der Betreiberin durch eine Aufhebung der Sperre gar nicht verbessern würde. Denn selbst wenn Telefónica den Zugang wieder freischalten müsste, bliebe die ursprüngliche Verfügung der LfM NRW aus dem Jahr 2020 weiterhin bestehen und wäre sofort vollziehbar. Die Betreiberin wäre also nach wie vor rechtlich verpflichtet, ihre Inhalte nicht ohne funktionierenden Jugendschutz in Deutschland anzubieten.
Der einzige Vorteil einer Aufhebung der Sperre wäre für das Unternehmen ein rein tatsächlicher. Es könnte sein rechtswidriges Angebot fortsetzen und weiter davon profitieren, dass die deutschen Behörden es in Zypern nicht direkt vollstrecken können. Ein solches Interesse, eine rechtskräftige und vollziehbare Anordnung gezielt zu umgehen, sei aber nicht schutzwürdig. Es stelle vielmehr einen Missbrauch des Rechtssystems dar, weshalb das Gericht keinen Anlass sah, dem Unternehmen Rechtsschutz zu gewähren.
Auch das Argument, dass die Sperrverfügung eine neue, stärkere Belastung sei, weil sie anders als die Grundverfügung keine Möglichkeit zur Einrichtung einer geschlossenen Benutzergruppe vorsehe, wies das VG zurück. Es sei technisch für den Provider Telefónica gar nicht möglich, eine solche Benutzergruppe auf den Seiten der Antragstellerin einzurichten. Zudem sei es widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich, sich nun auf eine Option zu berufen, deren Umsetzung man seit Jahren verweigere und die gerade erst zur Notwendigkeit der Sperre geführt habe.
Nur für den Fall, dass man den Antrag doch als zulässig ansehen würde, nahm das Gericht eine ergänzende Interessenabwägung vor. Und auch hier kam es zu einem klaren Ergebnis. Das Interesse der Allgemeinheit am Jugendschutz, einem Gut von Verfassungsrang, überwiege die wirtschaftlichen Interessen der Betreiberin bei weitem. Das VG verwies auf Studien, die eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Kontakt von Kindern und Jugendlichen mit pornografischen Inhalten im Netz belegen.
Angesichts der enormen Reichweite der Portale Pornhub und YouPorn sei von einer erheblichen Gefährdung auszugehen. Demgegenüber habe das Unternehmen nicht überzeugend dargelegt, dass ihm durch die Sperrung auf dem deutschen Markt ein existenzieller Schaden drohe. Insbesondere weil die Firma weltweit tätig ist und ihre Angebote in Deutschland teils unter leicht veränderten Internetadressen weiterhin erreichbar sind, sei ein schwerer wirtschaftlicher Schaden nicht erkennbar.
Die Entscheidung des VG München zeigt eindrücklich, wie komplex die rechtlichen Auseinandersetzungen im digitalen Raum geworden sind. Insbesondere für Anbieter von Online-Diensten, Plattformen und Webseiten ergeben sich aus dem Zusammenspiel von nationalem Recht, europäischem Recht wie dem Digital Services Act (DSA) und behördlichen Anordnungen erhebliche Herausforderungen. Hier als Unternehmen den Überblick zu behalten und rechtssicher zu agieren, ist eine große Herausforderung.
Wir bei WBS.LEGAL sind darauf spezialisiert, Unternehmen durch dieses anspruchsvolle regulatorische Umfeld zu navigieren. Unsere Expertise im Medien- und IT-Recht hilft Ihnen, die für Sie geltenden Pflichten, gerade im sensiblen Bereich des Jugendschutzes, zu verstehen und rechtssicher umzusetzen. Sollten Sie mit behördlichen Anordnungen oder Sperrverfügungen konfrontiert sein, unterstützen wir Sie dabei, die rechtliche Situation zu bewerten und Ihre Rechte im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben zu wahren. Kontaktieren Sie unser erfahrenes Team gerne für eine erste Einschätzung Ihrer Situation jederzeit unter 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit).