Darf eine kommerzielle Plattform die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen einfach bei sich einbetten? Im hochkarätigen Streit zwischen ARD/ZDF und dem Streaming-Anbieter Joyn hat das LG München I eine klare Entscheidung getroffen.
Das Landgericht (LG) München I hat in zwei aktuellen Urteilen entschieden, dass der Streaming-Dienst Joyn die Inhalte der Mediatheken von ARD und ZDF nicht ohne deren Einwilligung auf seinem Portal anbieten darf. Das LG gab damit den Anträgen der beiden öffentlich-rechtlichen Sender auf einstweiligen Rechtsschutz statt (LG München I, Urteile vom 28.05.2025, Az. 37 O 2223/25 und Az. 37 O 2226/25).
Joyn hatte seit dem 31. Januar 2025 begonnen, ausgewählte Inhalte aus den Mediatheken von ARD und ZDF auf seiner eigenen Plattform zu integrieren. Dieses Angebot wurde im Laufe des Rechtsstreits vorläufig wieder eingestellt. Ein Teil der Inhalte auf Joyn ist nur über ein kostenpflichtiges Abonnement zugänglich, während das restliche Angebot werbefinanziert ist. Hierfür setzt Joyn laut seinen Datenschutzbestimmungen und AGB Cookies und ähnliche Technologien für personalisierte Werbung ein und verlangt für die Nutzung in der Regel eine Registrierung der Nutzer.
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Joyn argumentierte, der Medienstaatsvertrag sei kein Schutzgesetz, auf das sich die Sender berufen könnten. Zudem handle es sich bei der Einbindung der Inhalte um urheberrechtlich zulässiges „Embedding“. Als Gebührenzahler hätten auch die Nutzer von Joyn einen Anspruch auf die Inhalte der öffentlich-rechtlichen Sender, welche zur Verbreitung ihres Angebots verpflichtet seien.
Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht. Es untersagte Joyn, die Mediatheken von ARD und ZDF künftig erneut in der beanstandeten Form in sein Angebot aufzunehmen. Eine Einwilligung der Sender habe nicht vorgelegen und habe von diesen auch nicht erteilt werden müssen.
Verstoß gegen den Medienstaatsvertrag
Das LG stellte fest, dass das Vorgehen von Joyn gegen § 80 Abs. 1 Nr. 3 des Medienstaatsvertrags verstößt. Diese Vorschrift schützt die Freiheit der Rundfunkanbieter, über die Verbreitung ihrer Angebote selbst zu bestimmen. ARD und ZDF hätten laut LG hier einen Ermessensspielraum und müssten nicht jede Form der Verbreitung durch Dritte dulden. Laut dem Paragrafen dürfen rundfunkähnliche Telemedien oder Teile davon ohne Einwilligung des Veranstalters nicht in Angebotspakete aufgenommen oder auf andere Weise vermarktet oder öffentlich zugänglich gemacht werden.
Das LG betonte, dass auch ein urheberrechtlich möglicherweise zulässiges Verhalten medienrechtlich unzulässig sein könne. Eine von Joyn implizierte allgemeine „Must-Offer-Pflicht“ für die öffentlich-rechtlichen Sender sei im deutschen Medienrecht nicht verankert.
Dazu führte das Gericht aus:
„Vielmehr erscheint es nicht unangemessen, wenn die Verfügungsklägerin zugunsten des eigenen Gesamtangebots ihre Inhalte entweder über ihre eigene, für jeden frei empfangbare Mediathek oder auf Drittplattformen nur vollständig gespiegelt bei entsprechender direkter Verlinkung verbreiten haben lassen will.“
Ein von Joyn ins Feld geführter Verstoß gegen das Kartellrecht durch die Verweigerungshaltung von ARD und ZDF wurde vom LG München I ebenfalls nicht festgestellt. Die Sender hätten ein nachvollziehbares Interesse daran, die Nutzung ihrer Inhalte in der von Joyn praktizierten Form zu untersagen, weshalb ihre Weigerung nicht als missbräuchlich zu werten sei.
Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
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