
Bahnfahrten gelten als Arbeitszeit: Mitarbeiter müssen „Freizeitopfer“ nicht in Kauf nehmen
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Alles anzeigenReisezeiten mit der Bahn, die im Zusammenhang mit der Überführung von neuen Nutzfahrzeugen anfallen, sind Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Dies entschied jetzt das VG Lüneburg. Entscheidend sei, ob der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt, denn dann sei der Arbeitnehmer in seiner Freiheit beschränkt selbst über seine Zeit zu bestimmen. [Blockierte Grafik: https://www.wbs.legal/wp-conte…305ef9_1280-1-800x340.jpg]
Vor dem Verwaltungsgericht (VG) Lüneburg hatte ein Speditionsunternehmen geklagt, das auf die Überführung von Fahrzeugen spezialisiert ist. Die Mitarbeiter des Unternehmens fahren für die Überführung mit Taxi und Bahn zum jeweiligen Abholort des Fahrzeuges und dann in dem Fahrzeug zum Zielort. Vom Zielort aus fahren sie sodann mit der Bahn zurück zu ihrem Wohnort. Das zuständige Gewerbeaufsichtsamt hatte dem Speditionsunternehmen aufgegeben, die zulässigen Höchstarbeitszeiten einzuhalten. Hierbei seien auch die Bahnreisezeiten mitzuberücksichtigen und als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) miteinzuberechnen. Hiergegen wendete sich das Speditionsunternehmen mit dem Argument, die Mitarbeiter seien während der Fahrt in der Bahn in ihrer Freizeitgestaltung völlig frei. Die Anreise sei ein „Freizeitopfer“, welches die Mitarbeiter in Kauf nehmen müssten. Dieser Argumentation folgte das Verwaltungsgericht (VG) Lüneburg jedoch nicht (Urt. v. 02.05.2023, Az. 3 A 146/22).
Keine dem Gesundheitsschutz entgegenstehende Belastung
Die einschlägigen europarechtlichen Grundlagen (Arbeitszeit-Richtlinie) erforderten im vorliegenden Fall eine von der gängigen Definition des Bundesarbeitsgerichts (BAG) abweichende Bestimmung des Begriffs der Arbeitszeit. Zwar gehe mit dem Bahnfahren nicht zwingend eine dem Gesundheitsschutz zuwiderlaufende Belastung einher, was nach der sogenannten Beanspruchungstheorie des BAG maßgeblich für die Erfassung einer Tätigkeit als Arbeitszeit sei. Für die europarechtliche Begriffsbestimmung komme es jedoch maßgeblich darauf an, ob der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung stehe und seine Tätigkeit ausübe oder Aufgaben wahrnehme. Demnach sei die Anreise zum und die Abreise vom Überführungsort als Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 1 ArbZG zu werten.
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Freiheitsbeschränkung während der Bahnreise
Im vorliegenden Fall führte das VG Lüneburg zur Begründung an, dass die regelmäßige mehrstündige An- und Abreise bereits Teil der Leistungserbringung sei. Außerdem beschränke es die Freiheit der Fahrer in dieser Zeit. Diese könnten nicht selbst über ihren Zeitvertreib bestimmen. Die Fahrzeit sei im Fall des Speditionsunternehmens der Sphäre des Arbeitgebers zuzurechnen. Die Dauer der Bahnfahrt stehe nämlich nicht wie bei der Anreise zu einer festen Betriebsstätte zur Disposition des Arbeitnehmers. Vielmehr hänge sie davon ab, an welchen Ort das jeweilige Fahrzeug überführt werden solle. Die besonderen Vorschriften des deutschen und europäischen Rechts zur Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausübten, seien hier nicht anwendbar. Gegen das Urteil kann noch der Antrag auf Zulassung zur Berufung gestellt werden.
jvo/ezo
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